von Ina Neuhaus

Von der Flimmerkiste zum Tausendsassa

Kühlschranktür auf, kaltes Bier aufgemacht, Sofa, Klick! Sekunden später wissen wir, was gerade auf der Welt geschieht. Nein, hier ist nicht vom Internet die Rede! Denn lange vor dem Siegeszug des WWW war rund um den Globus das Fernsehen das wichtigste, multimediale Informationsmedium.

Vorgestellt wurde das vollelektronische Fernsehen übrigens erstmals auf der Berliner Funkausstellung im Jahr 1931. Von da an waren es noch 38 Jahre, bis in den USA das ARPANET – der Vorläufer des heutigen Internet – an den Start ging. Bis zur Inbetriebnahme des World Wide Web – damals erst als Projekt am Schweizer CERN-Forschungszentrum – sollte es noch 58 Jahre dauern.

Was sich die Digital Natives von heute kaum mehr vorstellen können: Ja Kinder, es gab auch ein Leben vor dem Internet! Nein, es ging alles nicht ganz so schnell wie heute! Und: Ja, früher gab es tatsächlich nur drei Fernsehprogramme! Und das war schon etwas ganz besonderes, denn leisten konnte sich Otto Normalverbraucher das Fernsehen noch lange nicht.

Der 1939 auf der Funkausstellung gezeigte Fernseh-Rundfunkempfänger zum Verkaufspreis von 650 Reichsmark sollte Fernsehen erschwinglich machen – doch dieser heute niedrig erscheinende Betrag entsprach damals mehreren Monatsgehältern.  Erst in den 1950er-Jahren begann der Siegeszug des Fernsehens und 1956 konnte hierzulande immerhin eine halbe Million Zuschauer ein (!) TV-Programm empfangen. „Mit dem Zweiten sieht man besser“ kam erst 1958 hinzu. Die heutige Generation 40+ zählt zwar noch nicht zu den Digital Natives, wohl aber zu dem Television Natives: 1964 gab es bereits zehn Millionen Fernseher in Deutschland – damit war es ein echtes Massenmedium. Als 1967 dann noch der Startschuss für Farbfernsehen in Deutschland fiel, nahm die Beliebtheit weiter zu und die Flimmerkiste stand in fast jedem Wohnzimmer. Und so wurden die Kinder der Jahrgänge 1967, 1968 und natürlich auch danach zu echten TV-Junkies, die sich mit Bibo von der Sesamstraße, Ratz und Rübe von der Rappelkiste und – nicht zuletzt – natürlich mit Lassie viel besser auskannten als ihre Eltern.

Was das Internet von Anfang an beherrschte – nämlich Interaktivität –, das lernte das Fernsehen erst ganz allmählich: Erst in den 1990er-Jahren präsentierten die Hersteller erste PCs mit Fernseher-Aufrüstung oder TV-Geräte mit PC-Möglichkeiten. Dafür wurde die Flimmerkiste endlich schärfer und schlanker:
Surround-Sound hielt Einzug, 1996 wurden erste Flachbildschirme gezeigt – damals allerdings noch – Verzeihung! – schweineteuer und nach heutigen Maßstäben auch noch nicht wirklich flach.
 
2007 gab es dann ein neues Schlagwort: IPTV,  also Fernsehen auf der Basis des Internet-Protokolls. Damit wurde erstmals echte Interaktivität möglich, also nicht nur das schlichte Zappen durch die Programme, sondern auch Video-on-Demand und das individuelle Abrufen von Informationen und Unterhaltungsprogrammen aller Art. Das Fernsehen begann, ein bis heute typisches Strukturprinzip zu überwinden: Der Zuschauer ist nicht mehr ausschließlich an die zeitliche Abfolge gebunden, die das Programm vorgibt. Er holt sich stattdessen aus dem Netz, was ihn gerade interessiert – ganz unabhängig vom festen Zeitschema der Sender.

Heute gehört für viele diese Form der Interaktivität zum Fernsehen dazu. Mehr und mehr Deutsche entscheiden sich beim Fernsehneukauf für ein Gerät mit Internetanbindung. Laut der gfu (Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik) sind 2011 rund 26,5 Millionen dieser Geräte verkauft worden, zu denen neben Smart-TVs auch Smartphones, Notebooks und Tablet-PCs zählen. Digital und überall verfügbar, so sieht das Fernsehen 2012 aus und hat somit einen entscheidenden Wandel vollzogen. Die unabdingbare Voraussetzung dafür waren breitbandige Verbindungen. Erst mit ihnen konnte aus der Flimmerkiste von früher ein digitaler Tausendsassa werden.

Das klingt doch spannend – oder, um es mit den Worten von „Kaiser“ Franz Beckenbauer zu sagen: „Schau’n mer mal!“

 

((Bildquelle: salzlandfoto - Fotolia.com))

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